Du stehst kurz vor der Geburt und fragst dich, wie das im Wochenbett wohl sein wird und machst dir jetzt schon Gedanken darüber, wie du das Thema Besuch handhaben wirst, weil du schon so viel darüber gehört hast?
Dann fangen wir doch mal vorne an: Was ist das Wochenbett überhaupt?
Das Wochenbett setzt unmittelbar nach der Geburt ein und dauert bis zur Rückbildung der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen, was typischerweise sechs bis acht Wochen dauert. Eine ausführlichere Definition vom Wochenbett im medizinischen Sinne findest du hier bei Frauenärzte im Netz.
Nun ist die Geburt der Übergang von der Frau zur Mutter. Für viele Frauen ist die Geburt des ersten Kindes ein so großes Ereignis, dass sie bei der Geburt kognitiv nicht in der Lage sind, das, was passiert, zu verarbeiten. Oftmals wirkt es surreal. Wenn die Geburt besonders lang und anstrengend war, fühlst du dich einfach erschöpft. Wenn die Geburt schnell und einfach war, fühlst du dich zwar vielleicht kraftvoller, aber es kann dir trotzdem surreal vorkommen. Die Hormone im Anschluss an die Geburt, der BabyBlues – all das kann sein Übriges tun, dass du dich entweder himmelhochjauchzend fühlst oder zu Tode betrübt. Mir ging es ähnlich. Ich konnte eigentlich nicht fassen, dass ich gerade ein neues Leben zur Welt gebracht hatte.
Das Wichtigste für das Wochenbett ist meiner Meinung nach:
Raum und Zeit. Eigentlich impliziert es der Name Wochenbett ja auch schon. Wochen (nicht umsonst in der Mehrzahl), also Zeit. Bett, ja, das ist der Raum, der Ort, an dem du dich in dieser Zeit vorwiegend aufhalten darfst. Du hast sozusagen die ‚offizielle‘ Erlaubnis dazu von Seiten der Gesellschaft und der Kultur – nicht, dass du diese bräuchtest, aber vielleicht hilft es dir das zu wissen. Viel wichtiger ist, dass du dir selbst die Erlaubnis dazu gibst. Und zu Raum und Zeit ergänze ich noch: Ruhe.
I know – das passt alles nicht (mehr) zu unseren vollgepackten und getakteten Kalendern – aber es passt zu den Bedürfnissen unserer Seelen und Herzen. Und die unseres Kindes.
Im Zusammenhang mit dem Wochenbett wirst du sicherlich ganz oft hören: ‚Die Zeit kommt nie wieder!‘ Ich mag diesen Spruch nicht. Keine Zeit kommt je wieder. Warum müssen wir uns beim Thema Kind so stressen und unter Druck setzen? Es kommt auch nie wieder, dass ich jetzt hier an dem heutigen Morgen hier am Schreibtisch sitze und diese Worte schreibe. Gleich werden sie geschrieben sein und dann ist der Moment vorbei. Es gilt also für jede Zeit. Und dennoch: Dein Übergang von der Frau zur Mutter, die Zeit nach der Geburt ist eine ganz besondere Zeit, die ganz besondere Maßnahmen erfordert.
Organisatorische Vorbereitung auf das Wochenbett:
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Koche dir Essen vor. Ich weiß – jetzt, wo du noch schwanger bist, hört sich das vielleicht lächerlich an – Essen vorkochen! Pf. Aber: Koch dir Essen vor! Und friere es ein. Es kann sein, dass du an manchen Tagen froh bist, dass du es von der Couch aufs Klo schaffst und dein Partner an deiner Seite ist oder mal in der Zeit kurz das Kind hält – keiner von Euch beiden möchte sich dann noch ums Kochen kümmern. Also möglichst nahrhafte Gerichte vorkochen, einfrieren und bei Hunger in der Pfanne auftauen.
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Vorräte von haltbaren Lebensmitteln für ein paar Tage anschaffen, damit ihr Euch in den allerersten Tagen nicht mit den Besorgungen rumschlagen müsst.
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Ein Rezept für ein super nahrhaftes und schnelles Frühstück, für das man alles zuhause lagern kann: Chia Bananen Split.
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Vorrat an Binden, dicken Binden. Der Wochenfluss kann es in sich haben, d.h. du wirst mehrere Wochen ausgiebig bluten, meist deutlich mehr als bei deiner Periode.
- Es gibt spezielle Suppen für die Stärkung der Mutter: Aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) mit besonders langer Kochzeit, mindestens vier Stunden. Eine gute Hilfe zu einem guten Start ins Wochenbett: Beauftrage jemanden aus deiner Familie, die Suppe aufzusetzen, wenn deine Wehen starten. Das kann z.B. deine eigene Mutter oder eine gute Freundin sein, der du vertraust und dich in dieser besonderen Zeit anvertrauen möchtest. Ich poste dir hier einen Link zu einer externen Apotheke, bei der du eine fertige TCM Wochenbettsuppe bestellen kannst: Infos zur Wochenbettsuppe und Bestellung der Wochenbettsuppe unter Du kannst auch selbst eine Kraftsuppe kochen, das Rezept dazu findest du z.B. auf dem Hebammenblog. Auch Jana, Hebamme und Bloggerin, empfiehlt, den Kochvorgang beim Einsetzen der Wehen zu starten. Das ist natürlich kein Muss – hat aber laut TCM eine bessere Wirkung.
- Wenn ihr ein Haustier habt: Bitte dem Tier und Euch vertraute Personen, die Gassi-Runden in der Zeit des Wochenbetts mitzustemmen. Wenn es Euch guttut, könnt ihr sie natürlich auch selbst nutzen, um frische Luft zu schnappen – in der allerersten Zeit aber lieber dein Partner, weil du dich noch ausruhen darfst.
Mentale und seelische Vorbereitung auf das Wochenbett:
- Überprüfe deine Einstellung zum Wochenbett. Ich weiß, du liebst deine aufgeräumte Wohnung, deine Ordnung und das Betüdeln deines Besuchs. Aber: In der Zeit des Wochenbetts muss zuhause gar nichts perfekt aussehen! Du musst keine Gäste empfangen und erst recht nicht mit besonderer Aufmerksamkeit oder Essen beglücken! In dieser Zeit geht es um dich, um das Kind und um den Vater des Kindes. Also Eure Familie.
- Wochenbett – da steckt das Wort Bett drin. Du gehörst in der Zeit mit deinem Kind ins Bett oder auf die Couch. So lange, wie es dir guttut. Was macht der Satz mit dir? Denkst du: ‚Was, ich, ins Bett? Ha, ich habe schon so viel geschafft, da werde ich das ja auch noch packen! Ich kann doch ruhig kochen oder Gassi gehen.‘ Ich weiß, dass du das alles kannst. Es geht aber nicht darum, dass du das kannst. Du musst in der Zeit des Wochenbetts nichts beweisen. Keinem hochpolierten Instagram-Account, keinen Followern, keiner Schwiegermutter, keine Nachbarin, nicht deinem Partner und auch nicht deinem Kind. Das Wochenbett ist nicht die Zeit für Sprints, Vergleiche oder sonst was in der Art.
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Du gestaltest das Wochenbett wie es dir und Euch guttut. In deinem Tempo.
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Und noch ein wichtiger Punkt: Ich weiß, vielleicht fällt es dir sonst eher schwer, nach Unterstützung zu fragen – aber in der Zeit darfst du das. Das Wochenbett ist deine Zeit, zuhause mit deinem Kind zu thronen. Denn:
Es passiert / verändert sich so viel auf allen Ebenen.
- Du bist jetzt selbst Mutter.
- Dein Kind ist auf der Welt.
- Auch dein Partner macht eine Veränderung mit.
- Ihr seid nicht mehr nur Paar. Ihr seid jetzt Eltern. Aus dem Doppelpack wird ein Beziehungs-dreieck, in dem jeder seine neue Position finden darf. Manchmal reicht dafür das Wochenbett, und oftmals nicht. Beides ist ‚in Ordnung‘, beides darf sein.
Und wenn das Wochenbett dann da ist:
Umgang mit Besuchsanfragen und Besuchern
Setze dich möglichst vor der Geburt mit dem Thema Besuch auseinander. Das tust du ja hiermit.
Hör in dich hinein, wen du für deine engste Unterstützung dabeihaben möchtest. Dein Partner, der ist mit im Boot. Du wirst froh sein über Entlastung. Aber dein Partner auch!
Wen möchtest du noch im Wochenbett dabeihaben? Und die Einladung ist so ehrenwert und exklusiv wie sie klingt.
Dein Wochenbett = deine Regeln.
Unnötige Aufregung und Stress vermeiden.
Suche dir die Vertrauenspersonen aus, die dich stärken, bei denen du sein kannst, wie du bist. Lade niemanden ein – erst recht nicht für längere Zeit – der dich unabhängig vom Wochenbett stresst.
Es ist natürlich so, dass die Geburt deines Kindes auch Euer Umfeld berührt und jeder so schnell wie möglich das kleine Wunder bestaunen möchte. Vielleicht geht es euch auch so, dass ihr dieses Glück direkt und unkompliziert teilen möchtet. Dann ist das wunderbar und dann macht das! Aber der Artikel hier ist ja gerade dafür geschrieben, wenn das eben nicht der Fall ist. Wenn ihr Euer Glück nicht direkt teilen möchtet, – nicht aus dem Grund, weil ihr es von Herzen nicht wollen würdet, sondern weil ihr Euch noch im Gefühlschaos befindet, überfordert fühlt und schlichtweg noch nicht bereit dafür – dann ist das in Ordnung! Das darf sein. Es kann erfahrungsgemäß aber zu Konflikten führen, die wir nicht unnötig anzetteln, sondern möglichst vermeiden möchten.
Wie Konflikten mit Besuchsanfragen und Besuchern vorbeugen?
Ihr könnt diejenigen, die sich mit Sicherheit ankündigen – also deine Eltern, die Schwiegereltern, Onkel und Tante, Freunde – vorab informieren, dass ihr Euch im Wochenbett Zeit lassen möchtet, weil ihr nicht wisst, was auf Euch zukommen wird. Macht das nicht, wenn ihr Euch hochgradig gestresst fühlt und gleich auf 180 seid, sondern wählt, wenn möglich, einen ruhigen Moment dafür, wenn die Wogen glatt sind.
Du kannst sowohl mit deinem Partner als auch mit der engsten Familie, die die Zeit im Wochenbett auch gerne miterleben möchte, ein Codewort ausmachen, bei dem ihr folgende Dinge vorher besprecht und klar definiert:
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Das Codewort bedeutet: Du brauchst und möchtest jetzt deine Ruhe. Definiere vorher, was das bedeutet: Der Besuch möge nach Hause gehen oder einfach nur in ein anderes Zimmer.
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Im Zweifel sprichst du dieses Codewort aus und sonst nichts. Du musst dich nicht dafür rechtfertigen, dass die Ruhe gerade dein Bedürfnis ist. Sie mögen es bitte so akzeptieren. Dein Wochenbett = deine Regeln. Das mag der Gegenseite zu Anfang vielleicht nicht passen, aber dafür habt ihr ja vorher schon darüber gesprochen und bedenke auch, dass es für die Gegenseite ebenfalls ein Lernprozess ist und auch sie in die Regeln hineinwachsen darf und muss.
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Gerne könnt ihr das in einem liebevoll gestalteten Dokument schriftlich festhalten und für alle Beteiligten ausdrucken bzw. kopieren, damit jeder weiß, wo er dran ist und es keine Missverständnisse im Wochenbett gibt.
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Und natürlich gilt: Das Codewort ist deine Reißleine, die es dir einfach macht. Und genau darum geht es im Wochenbett. Du hast genug mit den Veränderungen zu tun, mache es dir so einfach wie möglich.
Zum Abschluss dieses Artikels gehe ich noch auf das ein, was dir die meisten Gratulanten zur Geburt wünschen werden: Eine schöne Kennenlernzeit! Genieße sie!
Auf der einen Seite kann ich den Wunsch dahinter verstehen und ist es eine schöne Sache – auf der anderen Seite kann es komplett nach hinten losgehen, weil nicht jede Kennenlernzeit schön sein muss und gerade beim ersten Kind das Genießen so eine Sache ist. Es kann eben sein, dass das Wochenbett nur anstrengend ist. Wichtig: Es kann! Das muss nicht so sein.
Wenn du es als anstrengend empfindest, bitte ich dich, deine Gefühle und deine Gedanken wahr und ernst zu nehmen. Die gehen nämlich in der Regel – mit Ausnahme des BabyBlues – nicht einfach so weg. Du darfst dich mit diesen Gefühlen auffangen lassen. Und wenn du dafür niemanden an deiner Seite hast, dem du dich öffnen kannst oder willst, dann kannst du gerne meine Unterstützung in Anspruch nehmen. Dafür bin ich da.
Und falls du das Wochenbett als anstrengend empfindest und das sich so gar nicht mit deinen Vorstellungen in der Schwangerschaft deckt, dann möchte ich dir Mut machen: Auch wenn die berühmt-berüchtigte Kennenlernzeit sich als anstrengend und überfordernd entpuppt, und du dir immense Sorgen um Eure Bindung und alles Mögliche machst, kannst du eine wunderschöne und tiefe Bindung zu deinem Kind aufbauen und erreichen. Vertraue da auf dich und auf dein Kind! Und auf das, was bei Bindung und Beziehung immer gilt: Das ist nichts, was mit einem Fingerschnipsen plötzlich da ist und genauso schnell wieder weg wäre. Nein, das ist Quatsch. Die Beziehung und die Bindung baut sich mit der Zeit auf. Über Vertrauen. Zuverlässigkeit. Geborgenheit. Raum. Und Zeit.
Dein Wochenbett, deine Regeln.
Deine Melanie Alisa